Biohacking wurde als Begrifflichkeit in den letzten Jahren lieder ziemlich durch den Kakao gezogen. In seinen Grundzügen handelt es sich um eine systematische und wissenschaftlich fundierte Methode, die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit zu steigern. Im Zentrum des Biohackings steht die bewusste Veränderung biologischer Prozesse durch Ernährung, Bewegung, Technologie und mentale Interventionen. Dabei greifen Biohacker auf Erkenntnisse aus Neurowissenschaften, Genetik, Ernährungswissenschaften und Verhaltenspsychologie zurück, um ihre Gesundheit, Produktivität und Wohlbefinden zu maximieren.
In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Essentials des Biohackings und erklären die wissenschaftlichen Prinzipien hinter diesen. Egal, ob du gerade erst in das Thema einsteigst oder schon Erfahrung hast – diese Tipps könnten dir helfen dein Potential auszuschöpfen.
Was ist Biohacking?
Biohacking beschreibt eine bewusste Optimierng der natürlichen biologischen Prozesse, um die eigene körperliche und geistige Leistungsfähigkeit zu verbessern. Durch den Einsatz von Nootropika, Ernährungsstrategien wie der Ketose und dem Optimieren des Schlafs, können Menschen ihre Performance gezielt steigern.
Biohacking-Strategien
1. Nootropika: Kognitive Leistungssteigerung
Eine der zentralen Techniken im Biohacking ist der Einsatz von Nootropika, Substanzen, die die geistige Leistungsfähigkeit erhöhen könnten. Diese potenziellen „Gehirn-Booster“ wirken durch unterschiedliche Mechanismen, um die Konzentration, das Gedächtnis und die Produktivität zu verbessern. Zu den bekanntesten Nootropika zählen:
- L-Thyrosin: Die Aminosäure ist im Körper an verschiedensten Abläufen beteiligt. Neben der Bildung von Hautpigmenten und Schilddrüsenhormonen ist sie an der Produktion von Neurotransmittern, wie Dopamin beteiligt. Eine Substitution kann aufgrund seiner direkten Beeinflussung des Neurotransmittergeschehens bei Depressionen, sowie Parkinsonerkrankungen induziert sein. Auch bei PMS scheint eine erhöhte Zufuhr potenziell hilfreich zu sein. Auch bei chronischen Stresszuständen kann L-Thyrosin unterstützend wirken. Die kognitiven Fähigkeiten, insbesondere in Stresssituationen, können durch L-Tyrosin positiv beeinflusst werden.
- Modafinil: Ursprünglich zur Behandlung von Narkolepsie eingesetzt, ist es für seine wachheitsfördernden Eigenschaften bekannt. Der pharmakologische Wirkmechanismus ist noch nicht umfassend verstanden. Der Wirkstoff scheint die Wiederaufnahme von Dopamin zu hemmen, während Noradrenalin und Serotonin kaum beeinflusst werden. Es handelt sich hierbei allerdings um ein verschreibungspflichtiges Medikament, dass einige Nebenwirkungen mit sich bringt und nicht ohne ärztliche Empfehlung genommen werden sollte.
- Racetame: Auch hier ist die Ursache der Effekte noch nicht ausreichend erfasst. Man vermutet, dass die Substanz Ionenkanäle im Gehirn beeinflusst, und so zu einer erhöhte neuronalen Erregbarkeit führt. Wirkstoffe dieser Gruppe werden unter Anderem in der symptomatischen Behandlung der Demenz eingesetzt.
Die Wirkung dieser Substanzen basiert auf der Förderung der Neurotransmitteraktivität und der Verbesserung der Mitochondrienfunktion in den Nervenzellen.
- Was sind die besten Nootropika für Einsteiger?
- L-Tyrosin, Koffein und ein gesunder Lebensstil sind natürliche Nootropika, die gut für den Einstieg geeignet sind und wenig Nebenwirkungen mit sich bringen.
2. Ernährungsstrategien: Keto-Diät und Intermittierendes Fasten
Die Ernährung ist ein fundamentaler Teil des Biohackings. Zwei verbreitete Ansätze sind die ketogene Diät und das intermittierende Fasten.
Ketose
Die ketogene Diät versetzt den Körper in den Zustand der Ketose, in dem Fettsäuren anstelle von Glukose als Energiequelle genutzt werden. Dies fördert die Produktion von Ketonkörpern, die dem Gehirn eine alternative Energiequelle bieten. Die Datenlage gibt Grund zur Annahme, dass die Ketose zu einer verbesserten geistigen Leistungsfähigkeit und erhöhten Energielevel führen kann.
Allerdings ist die ketogene Ernährung häufig nicht alltagstauglich und sehr schwer mit sportlicher Betätigung zu vereinbaren. Um den Zustand der Ketose zu erreichen müssen deine Kohlenhydratspeicher entleert werden. Während du in der Übergangsphase bist ist deine Leistungsfähigkeit stark reduziert, da dir weder Kohelnhydrate, noch Ketonkörper zur Verfügung stehen.
Intermittierendes Fasten
Beim intermittierenden Fasten wird die Nahrungsaufnahme auf ein bestimmtes Zeitfenster begrenzt (z. B. 8 Stunden Essen, 16 Stunden Fasten). Dieser Ernährungsstil soll die Autophagie fördern, einen Prozess, bei dem der Körper beschädigte Zellen abbaut und erneuert. Dies trägt zu einer verbesserten Zellgesundheit und Langlebigkeit bei. Zeitfenster innerhalb eines Tages reichen allerdings nicht aus, um Autophagie signifikant zu erhöhen. Hier sind größere Fastenfenster von mehreren Tagen notwendig.
Das interittierende Fasten kann allerdings auch über die Stabilisierung deines Blutzuckerspiegels und Enlastung deiner Verdauung positiv auf deinen Energielevel auswirken. So kannst du auch mit kürzeren Fastenfenstern von kognitiven Vorteilen profitieren.
3. Schlafoptimierung: Erholung für Körper und Geist
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Biohackings ist die Schlafoptimierung. Guter Schlaf ist essenziell für die körperliche und geistige Regeneration.
Schlafphasen und Tracking
Schlaf besteht aus mehreren Phasen, darunter der REM-Schlaf, der für Träume und kognitive Verarbeitung wichtig ist, und der Tiefschlaf, der der körperlichen Erholung dient. Mithilfe von Schlaftrackern kann man den eigenen Schlaf überwachen und optimieren.
Lichtmanagement
Der zirkadiane Rhythmus wird maßgeblich durch Licht beeinflusst. Blaulicht von Bildschirmen unterdrückt die Produktion von Melatonin, einem Hormon, das den Schlaf-Wach-Rhythmus reguliert. Das Tragen von Blaulichtblockern oder das Vermeiden von Bildschirmen am Abend kann die Schlafqualität deutlich verbessern.
4. Bewegung: Effizientes Training für mehr Energie
Im Biohacking geht es nicht um eine maximale Steigerung deiner sportlichen Leistungsfähigkeit, sondern um maximale Effizienz. Zwei beliebte Ansätze sind:
HIIT (High-Intensity Interval Training)
HIIT maximiert den kardiovaskulären Nutzen und deinen Kalorienverbrauch in kurzer Zeit. Es kombiniert intensive Belastungsphasen mit kurzen Erholungsphasen. Der sogenannte Nachbrenneffekt (EPOC) sorgt dafür, dass der Körper auch nach dem Training Kalorien verbrennt.
Minimalistisches Krafttraining
Ein Ansatz des Biohackings besteht darin, mit kurzen, intensiven Krafttrainingseinheiten Muskelwachstum zu maximieren und gleichzeitig die Regenerationszeit zu minimieren. Dies basiert auf der Überzeugung, dass weniger oft mehr ist, wenn die Belastung intensiv genug ist. Gerade im klassischen Muskelaufbautraining (Hypertrophie) ist ein geringes Volumen mit einer hohen Intensität ideal, um Erfolge zu erzielen. Ein Erreichen des Muskelversagens ist hier entscheidend. Wichtig ist, dass du das Gewicht so wählst, wie du mit korrekter Ausführung bewegen kannst.
5. Genetikmodifikation: Die Zukunft des Biohackings
Ein fortgeschrittenes Feld des Biohackings ist die genetische Manipulation mittels CRISPR-Cas9, einer Technik, die es ermöglicht, gezielte genetische Veränderungen vorzunehmen. Obwohl dieses Gebiet noch in den Kinderschuhen steckt, gibt es bereits Bestrebungen, durch genetische Veränderungen die Leistungsfähigkeit oder Krankheitsresistenz zu steigern.
Gerade in der Behandlung genetisch bedingter Krankheiten ist dieses Verfahren bahnbrechend. Leider steht es noch ziemlich am Anfang und wir noch nicht klinisch am Menschen angewandt. Das Verfahren wurde 2020 mit dem Nobelpreis gekürt.
6. Umweltoptimierung: Stressreduktion durch die richtige Umgebung
Das Umfeld hat einen signifikanten Einfluss auf unser Wohlbefinden und damit auf unsere Leistungsfähigkeit. Ein chronisch erhöhtes Stresslevel reduziert deine kognitive Perfromance über verschiedene Wege. Hier lassen sich psychologische Aspekte klar von den physiologischen trennen.
Anhaltende Stresszustände sorgen für einen Ansieg von Cortisol. Dies wiederum greift in mehrere andere Regelkreise ein. Unter Anderem werden Geschlechtshormone unterdrückt. Außerdem führt der gesteigerte Adrenalin und Cortisolspiegel zu einer Schwächung des Immunsystems, was die Infekthäufigkeit erhöht.
Langfristig können dauerhafte Stresszustände zu einer vermehrten Einlagerung von Bauchfett führen, obwohl die Kalorienbilanz ausgeglichen ist. In diesen Fällen sorgt eine Diät eher für eine Verschlechterung, da ein Kaloriendefizit wiederum Stress für den Körper verursacht.
7. Cold Thermogenesis
Das bewusste Aussetzen des Körpers an Kälte, beispielsweise durch Eisbäder, soll die braune Fettgewebsaktivität erhöhen und den Kalorienverbrauch steigern. Kälteexposition fördert auch die Mitochondrienfunktion und wirkt als Kältehormesis, ein positiver Anpassungsprozess auf Stress.
Diese Effekte sind leider nicht ausreichend belegt, um verlässliche Empfehlungen auszusprechen. Für spürbare Effekte auf das braune Fettgewebe werden extreme Temperaturen benötigt, die für längere Zeit ausgehalten werden müssen. Das klassische Eisbaden hat keine Effekte auf braunes Fettgewebe.
Hormonell hat die Kälte allerdings durchaus Potenzial für eine Kurzfristige Steigerung deiner Wachheit zu führen.
Schlussfolgerung: Das Spannungsfeld zwischen Biohacking und Wissenschaft
Biohacking ist aktuell eine Modeerscheinung. Ursprünglich basierte es auf wissenschafltichen Erkenntnissen zu unserem Körper. Besonders in den sozialen Medien wird von einschlägigen Experten allerdings so stark simplifiziert und nach immer abenteuerlicheren “Hacks” gesucht, dass man sehr vorsichtig sein muss, welche Tipps valide sind. Grundsätzlich können wir unseren Körper glücklicherweise nicht hacken. Wir können ihn aber gut behandeln und ihm das geben, was er braucht, um optimal zu funktionieren. Indem du Nootropika verwendest, deine Ernährung anpasst, deinen Schlaf optimierst und mit Stress umzugehen lernst, kannst du deine körperliche und geistige Leistungsfähigkeit auf ein neues Niveau bringen.
Weiterführende Links:
Hier findest du interessante weiterführende Links, falls du etwas tiefer in Aspekte des Themas einsteigen möchtest.
Viel Spaß beim Eintauchen (:
1. Übersicht über Modafinil und kognitive Verbesserung:
- Studie über die Wirkung von Modafinil:
Untersucht wurde die Wirkung von Modafinil auf die Wachheit und Konzentration:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2654794/
2. Ketogene Diät und Ketose
- Studie über die ketogene Diät und kognitive Funktionen:
Eine Übersichtsstudie über die Effekte der Ketose auf das Gehirn und die kognitive Leistung:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2633336/
- Ketogene Diät und Stoffwechsel:
Studie über die Rolle der ketogenen Diät bei Stoffwechselerkrankungen und Gewichtsmanagement:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5452247/
3. Intermittierendes Fasten
- Studie zu den gesundheitlichen Vorteilen von intermittierendem Fasten:
Diese Studie beschreibt die Effekte des Fastens auf Autophagie und Langlebigkeit:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3946160/
- Fasten und zelluläre Reparaturprozesse:
Wissenschaftlicher Artikel, der auf die positiven Effekte des Fastens auf zelluläre Regenerationsprozesse eingeht:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3106288/
4. Schlafoptimierung
- Melatonin und Schlafrhythmen:
Studie über die Wirkung von Melatonin auf den zirkadianen Rhythmus und Schlafqualität:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5405617/
- Blaulicht und Schlafstörungen:
Ein wissenschaftlicher Artikel, der die negativen Auswirkungen von Blaulicht auf den Schlaf analysiert:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5357034/
5. HIIT und Fitness
- Effekte von HIIT auf die Gesundheit:
Diese Studie untersucht die gesundheitlichen Vorteile von High-Intensity Interval Training:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5999515/
- Der Nachbrenneffekt nach HIIT-Training:
Forschung über den „Nachbrenneffekt“ und die Fettverbrennung nach intensiven Trainingseinheiten:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2991639/
6. Genetik und CRISPR
- Einführung in CRISPR-Cas9 und Gentherapie:
Eine umfassende Übersicht zu CRISPR und dessen Anwendung in der Gentherapie:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6677735/
- CRISPR und menschliche Gesundheit:
Artikel über die potenziellen Anwendungen von CRISPR zur Verbesserung der menschlichen Gesundheit:
https://www.nature.com/articles/s41587-019-0175-5